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8.10.2020

"Zwischen Erfolg und Verfolgung" in Bochum

"Die meisten Skulpturen stellen Personen dar, die durch die Verfolgung während der nationalsozialistischen Herrschaft in Vergessenheit geraten sind. Sie als markante Beispiele zurück in die Erinnerung zu holen, ist die Intention dieser Ausstellung", sagte Dr. Henry Wahlig zur Eröffnung einer Wanderausstellung in Bochum. Der Sporthistoriker des Deutschen Fußballmuseums ist Mitkurator von "Zwischen Erfolg und Verfolgung – Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach". Nach ihrem Auftakt 2015 in Berlin ist die Ausstellung des Zentrums deutsche Sportgeschichte e. V. und der Universitäten Potsdam und Hannover nun zum 17. Mal zu sehen. Diesmal also in der Bochumer Innenstadt.

17 Skulpturen deutscher Sportler jüdischer Herkunft – von Fußballnationalspielern über Turn-Olympiasieger bis hin zum Schachweltmeister – regen in der Huestraße seit Dienstag zum Verweilen, Informieren und Erinnern an. Jede Skulptur illustriert mit vielen Bildern, wesentlichen Informationen im Text und zusätzlichen Informationen in der online-Ausstellung das Leben eines oder zweier Sportler*innen, ihre sportlichen Erfolge wie auch ihr Schicksal zur Zeit des Nationalsozialismus. "Ein niedrigschwelliger Einstieg ist uns wichtig. Wir wollen das Museum zu den Leuten bringen, den Kreis der sich aus persönlichem Interesse oder aus Betroffenheit sowieso Erinnernden erweitern", erklärt Wahlig.

"Weder Ort noch Tag sind zufällig gewählt"

Die Eröffnungsveranstaltung in Bochum stand ganz im Zeichen der Erinnerung. "Weder Ort noch Tag der Veranstaltung sind zufällig gewählt", sagt der Oberbürgermeister der Stadt Bochum, Thomas Eiskirch. Der Veranstaltungsort am Dr.-Ruer-Platz erinnert an den Bochumer Oberbürgermeister Dr. Otto Ruer, der 1933 von den Nationalsozialisten aus dem Amt gejagt wurde. "Am 6. Oktober 1944 wurden in Auschwitz Renée und Rosa Gottschalk ermordet – Tochter und Frau des Bochumer Fußballspielers Erich Gottschalk", erinnerte Eiskirch weiter.

Eine Skulptur zu Erich Gottschalk ist die Besonderheit der 17. Ausstellung, erweitert sie den Kreis der Skulpturen in Bochum doch auf 18. Auf Initiative des Fanprojektes Bochum wurde die Geschichte von Erich Gottschalk aufgearbeitet und mit der Skulptur präsentiert. Gottschalk spielte bis zur Zwangsauflösung des Vereins bei Hakoah Bochum, er wurde mit seiner Mannschaft 1938 der letzte deutsche Fußballmeister in der durch den Ausschluss jüdischer Sportler aus den Vereinen entstandenen jüdischen Meisterschaft. Unmittelbar danach floh Gottschalk mit seiner Familie in die Niederlande, von wo aus die Gottschalks dann aber doch nach Auschwitz deportiert wurde. Erich Gottschalk überlebte als einziger seiner Familie den Holocaust und starb 1996.

"Gegen Antisemitismus muss etwas unternommen werden"

"Erinnerung ist wichtig, ebenso essenziell ist es aber zu verdeutlichen, dass jegliche Form des Antisemitismus keinen Platz in unserer Gesellschaft hat und sofort unterbunden werden muss", mahnt Dr. Henry Wahlig. Die Initiatoren der Ausstellung sehen dafür den Sport als optimalen Türöffner. Die Figuren sind mit den errungenen Erfolgen der Sportlerinnen und Sportler überschrieben, verdeutlicht wird damit die Bedeutung der jeweiligen Person für sportliche Erfolge Deutschlands. "Sport holt jeden emotional ab, er erreicht alle Gesellschaftsschichten – oft mit persönlichen Beziehungen. Wir hoffen so, zu einer möglichst großen Zahl an Leuten vorzudringen und zum Nachdenken anzuregen."

"Antisemitismus passiert gerade, dagegen muss etwas unternommen werden", meint ebenfalls Prof. Dr. Dieter Jütting, Mitglied des Kuratoriums der DFB-Kulturstiftung, die gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien die Arbeit der Historiker fördert. "Diese Ausstellung stellt sich uns in den Weg, zeigt auf und erinnert, ermahnt aber gleichzeitig auch."

Ausstellung noch bis zum 9. November

Mahnungen, die sich genauso auf den Sport selbst beziehen. Ist ein Ziel der Ausstellung, auf die positive Wirksamkeit wie Inklusionsmöglichkeiten des Sports hinzuweisen, so stellt sie gleichzeitig dar, dass der Sport ebenso Exklusionsplattform sein kann. 1933 gehörten Sportvereine zu den ersten Gesellschaftsbereichen, die Menschen jüdischen Glaubens ausgeschlossen haben. "Die gleichen Menschen, mit denen man noch gestern gejubelt hatte, haben dich am nächsten Tag verfolgt und ermordet", erinnert Grigory Rabinovich, Vorstandsvorsitzender der jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen, im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung. Gleichzeitig ist es ihm wichtig zu betonen, dass sich die jüdischen Sportlerinnen und Sportler in erster Linie als deutsche WettkämpferInnen verstanden, die Erfolge für ihr Land feierten.

Ein Punkt, der auch Sarah Poewe ganz besonders wichtig ist. Ihre Geschichte ist die einzig dargestellte, die nicht zur NS-Zeit stattfindet, damit einen Ausblick und Bezug zu heute liefern soll. Poewe ist die erste deutsche Sportlerin jüdischer Herkunft, die nach dem 2. Weltkrieg für Deutschland eine olympische Medaille gewinnen konnte. 2004 in Athen gewann sie in der Viermal-100-Meter-Staffel Bronze im Schwimmen, insgesamt nahm sie an vier Olympischen Spielen teil, schwamm Europa- wie deutsche Rekorde, holte mehrere WM-Medaillen. "Sarah Poewe zu überzeugen war nicht einfach, sie möchte nicht als jüdische, sondern als deutsche Sportlerin verstanden werde", berichtet Wahlig zum Abschluss. Letztlich erklärte Poewe sich bereit, porträtiert zu werden, damit genau dieser zentrale Punkt der Ausstellung besonders hervorgehoben werden kann.

Die Ausstellung "Zwischen Erfolg und Verfolgung - Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach" ist in der Bochumer Huestraße zwischen Hauptbahnhof und Dr.-Ruer-Platz noch bis zum 9. November zu sehen.

[fs]

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