Doppeltes Jubiläum für die Outdoor-Ausstellung "Zwischen Erfolg und Verfolgung – Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach": Seit zehn Jahren erinnern die lebensgroßen Ausstellungsfiguren an 17 herausragende Athletinnen und Athleten und ihre Verfolgung in der NS-Zeit. Mit der Eröffnung im Essener Grugapark am heutigen 21. Juli ist die von der DFB-Kulturstiftung initiierte und maßgeblich finanzierte Ausstellung zugleich auf ihrer 50. Station angekommen.
Die 2015 ins Leben gerufene Ausstellung ist speziell für den Outdoor-Einsatz konzipiert und holt Menschen mitten in ihrem Alltag ab: auf öffentlichen Plätzen, in Einkaufsstraßen, vor Bahnhöfen, im Umfeld kultureller Institutionen oder in Stadtparks – und das kostenlos und unbeschränkt zugänglich. Die Ausstellung zeigt die lebensgroßen Figuren von 17 Sportlerinnen und Sportlern jüdischen Glaubens, die in den Jahren bis 1933 und danach ihre Sportarten geprägt, herausragende Leistungen erzielt und Titel gewonnen haben. Als Nationalspieler*innen, Welt- oder Europameister*innen, Olympiasieger*innen oder Rekordhalter*innen zählten sie zu den gefeierten Idolen ihrer Zeit. Nur weil sie Juden waren, wurden sie im NS-Staat ausgegrenzt, entrechtet, zur Flucht gedrängt, in den Suizid getrieben oder ermordet.
Ausgangspunkt und Anlass für die Ausstellung waren die 14. European Maccabi Games im Sommer 2015 in Berlin. Mehr als 2000 jüdische Sportler aus 36 Ländern nahmen an der erstmals in Deutschland ausgetragenen europäischen Makkabiade auf dem Berliner Olympiagelände teil – und damit dort, wo NS-Deutschland die Olympischen Spiele 1936 für seine perfide Propaganda instrumentalisiert hatte. Um auf die historische und gesellschaftspolitische Dimension des Turniers hinzuweisen, entwickelte die DFB-Kulturstiftung gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und dem Zentrum deutsche Sportgeschichte Berlin-Brandenburg (ZdS) das Konzept einer Ausstellung, die nicht hinter Museumstüren, sondern mitten in der Stadt platziert werden sollte.
Am 23. Juli 2015 – fast auf den Tag genau vor zehn Jahren – wurde die Ausstellung in Anwesenheit von Kulturstaatsministerin Monika Grütters auf dem Washingtonplatz vor dem Berliner Hauptbahnhof und mit Blick auf das Bundeskanzleramt eröffnet. Ein wissenschaftliches Kuratorium mit Prof. Lorenz Peiffer und Dr. Henry Wahlig (Universität Hannover) sowie Prof. Hans-Joachim Teichler und Dr. Berno Bahro (Universität Potsdam) hatte zuvor die Zeugnisse und Texte der 17 Biografien zusammengetragen, die auf den Rückseiten der Figuren in deutscher und englischer Sprache zu finden sind. Sie verweisen über einen QR-Code auf Informationen und weiterführende Quellen auf der Landingpage www.juedische-sportstars.de.
Zunächst für den einmaligen Einsatz bei der Makkabiade geplant, machte die überragende Publikumsresonanz sehr schnell klar: Hier waren ein Konzept und eine Präsentationsform gefunden worden, die ebenso einfach wie wirkungsvoll ist. Mit den optischen "Eyecatchern" der Sportlerinnen und Sportler und den niederschwelligen und einfach zugänglichen Informationen bieten die individuellen Lebensgeschichten einen leicht verständlichen, emotionalen und individuellen Einstieg ins Thema Holocaust, auch für Menschen ohne größere Vorkenntnisse.
Zudem holt die Ausstellung die bis heute kaum bekannten Gesichter und Geschichten jüdischer Stars ihrer Sportarten zurück ins öffentliche Bewusstsein. Seitdem tourt die Ausstellung – seit drei Jahren zusätzlich gefördert von der Stiftung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) – durch Deutschland: von A wie Aachen bis Z wie Zwickau. Mindestens eine halbe Million Besucherinnen und Besucher sind, konservativ geschätzt, auf ihren Alltagswegen bis heute mit den Figuren konfrontiert worden. Sie haben sich eine oder mehrere Figuren angeschaut, haben weitergelesen, recherchiert oder einfach – warum auch nicht? – ein Selfie mit ihrer Lieblingsfigur gepostet. Sie haben Künstlerinnen zu Theaterstücken angeregt, sind ihren Enkelinnen und oder Ur-Enkelinnen aus den USA oder Südafrika begegnet.
Eine echter Erfolgsgeschichte, auch für DFB-Präsident Bernd Neuendorf: "Die beeindruckenden Zahlen sprechen für die hohe gesellschaftspolitische Relevanz der Ausstellung. Sie ist heute wichtiger denn je. Die Sportvereine und -verbände waren 1933 mit die ersten, die ihre jüdischen Mitglieder ausgeschlossen haben. Aus dieser Geschichte zu lernen, heißt für uns, sie nicht zu verschweigen, sondern uns an die Erfolge, aber auch die Verfolgung der jüdischen Sportstars zu erinnern, die den deutschen Sport geprägt haben."
Ein wichtiger Erfolgsfaktor sind auch die lokalen Leihnehmer der Ausstellung in ganz Deutschland. Sie zeigen einen beeindruckenden Querschnitt der öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Landschaft hierzulande, ihres vielfältigen Engagements und ihrer ausgeprägten Förderbereitschaft. In der Regel sind es nämlich Bündnisse aus mehreren lokalen, kommunalen oder überregionalen Trägern, die sich vor Ort um die Co-Finanzierung, Organisation und Vermittlung der Ausstellung, um die Lösung technischer und logistischer Fragen kümmern. Sie kommen aus dem kulturellen, sozialen, dem wissenschaftlichen oder sportlichen Sektor wie Museen, Behörden, private Stiftungen und Förderer, Sportvereine, Universtäten, Einrichtungen der Erinnerungskultur, jüdische Gemeinden usw.
Alle eint die übergreifende Idee der Ausstellung, mithilfe der "vertikalen Stolpersteine" der Sportlerfiguren Menschen unabhängig von individuellen Hintergründen und Wissensständen für das Thema der historischen Bildung zu interessieren und ein Zeichen des "Nie Wieder!" zu setzen. Neben dem niederschwelligen Ausstellungsansatz unterstützen begleitende Lehrmaterialen zusätzlich bei der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit dieses nachhaltigen und wirkungsvollen erinnerungspolitischen Projekts im deutschen Sport.
Die Ausstellung im Grugapark in Essen (vor dem Wassergarten) ist mit Unterstützung der Beauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen für die Bekämpfung des Antisemitismus, für jüdisches Leben und Erinnerungskultur und den Rhine-Ruhr 2025 FISU Games noch bis zum 26. Juli zu sehen. Die nächste Station wird ab dem 29./30. Juli Halberstadt sein.