Bernd Neuendorf besuchte die Fußball-Ferien-Freizeiten der DFB-Stiftung Egidius Braun. Vor Ort war der DFB-Präsident und Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung in Hennef, wo er einst als Präsident des Fußball-Verbandes Mittelrhein (FVM) tätig war. Mit dabei war ebenfalls Alfred Vianden, Ehrenpräsident des FVM und Vorstandsmitglied der Stiftung. Luis Hartmann hat mit Bernd Neuendorf über seinen Besuch und die Fußball-Ferien-Freizeiten gesprochen.
Herr Neuendorf, Sie waren bei den Fußball-Ferien-Freizeiten in Hennef zu Besuch. Ist das Rheinland für Sie immer auch ein bisschen „nach Hause kommen“?
Natürlich verbinde ich mit Hennef eine besondere Zeit. Ich war drei Jahre Präsident des Fußball-Verbandes Mittelrhein und damit ja auch dort einer der Nachfolger von Egidius Braun. Egidius Braun hat im DFB und am Mittelrhein tiefe Spuren hinterlassen. Dazu zählen auch die Fußball-Ferien-Freizeiten. Er hat das Programm vor über 30 Jahren ins Leben gerufen. Die ersten Freizeiten damals auf Verbandsebene am Mittelrhein in der Sportschule Hennef. Diese gute Idee hat er dann als DFB-Präsident bundesweit umsetzen lassen. 1993 starteten die ersten Freizeiten.
In diesem Jahr sind wiederum 75 Fußballvereine aus ganz Deutschland dabei und etwa 1.000 Jugendliche nehmen an den insgesamt 18 Freizeiten teil. Wie sehen Sie die Entwicklung?
Die Fußball-Ferien-Freizeiten sind über die Jahre immer weiter gewachsen und haben sich insbesondere durch den Umzug an sechs ausgewählte Sportschulen der DFB-Landesverbände weiter professionalisiert. Die primären Ziele sind aber unverändert: Wir wollen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine unvergessliche und unbeschwerte Zeit ermöglichen und darüber den engagierten Menschen an der oft zitierten Basis Danke sagen. Danke für das, was sie im Spiel- und Trainingsbetrieb für die Kinder und Jugendlichen leisten. Das Wirken vor Ort ist für unser Gemeinwesen unverzichtbar und macht den Fußball aus.
Wie ist der Aufwand für die Stiftung?
Der Aufwand, den die Stiftung leistet, ist enorm. Rund siebzig engagierte Freizeitmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sichern – koordiniert von Projektmanager Joel Reinholz – den Erfolg. Zudem trägt die Stiftung alle Kosten für Transfer, Verpflegung, Unterbringung und das Programm. Jährlich ist das ein fast siebenstelliges Volumen. All das leisten wir gerne, weil es sich lohnt.
Bei den Freizeiten steht jedes Jahr nicht nur Fußball auf dem Programm. In diesem Jahr ist das Schwerpunktthema Demokratie. Wie wird das praktisch umgesetzt?
Zunächst sehen wir die Freizeiten als besondere außerschulische Lernorte. Das Programm bietet eine gute Gelegenheit, mit den Teilnehmenden über Fragen des Fußballs, des Miteinanders und der Gesellschaft ins Gespräch zu kommen. Wir tun dies beispielsweise im Rahmen sogenannter „Wertedialoge“, die wir mit der Initiative GermanDream umsetzen. Gleichzeitig gibt es alljährlich einen Schwerpunkt, der die thematische Klammer bildet. 2022 war es der Frauen- und Mädchenfußball, 2023 ging es um Integration, 2024 um Völkerverständigung. Dieses Jahr greifen wir in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) das Thema Demokratie auf. Neben verschiedenen spielerischen Aktivitäten, die gemeinsam mit der bpb und Lernort Stadion entwickelt wurden, unternehmen die Jugendlichen auch Ausflüge zu Gerichten, Parlamenten, dem Hambacher Schloss und sind im Gespräch mit Politikerinnen und Politikern.
Was kann der Fußball in Zeiten, in denen unsere Demokratie unter Stress gerät, tun? Welche Rolle spielen hier die Fußballvereine?
Fußballvereine sind – wie alle anderen Vereine in unserem Land – wichtige Orte der Demokratie. Sie sind für mich kleine Zellen des demokratischen Miteinanders. Sie sind Ausdruck unserer freiheitlichen Grundordnung. Es ist ein hohes Gut, dass sich Menschen in Vereinen zusammenschließen können und dürfen, um gemeinsame Ziele zu verfolgen. Darüber sollten wir uns stets bewusst sein. Und natürlich sind Vereine demokratisch organisiert. Über die Mitgliederversammlung werden Beschlüsse gefasst und dann umgesetzt. Dazu gehört auch, dass man einander zuhört, Argumente austauscht und am Ende auch Mehrheiten akzeptiert. All das kann man im Fußballverein auf und neben dem Spielfeld lernen.
Sie waren selbst mehrere Jahre in der Politik tätig. Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, gerade Kinder und Jugendliche für das Thema zu interessieren?
Zunächst: Unsere Demokratie ist ein hohes Gut, das es zu bewahren und zu schützen gilt. Über den Schwerpunkt, der dieses Jahr in den Freizeiten gesetzt ist, erfahren die Jugendlichen, dass Demokratie kein abstraktes, sondern ein sehr konkretes Thema ist, das uns alle jeden Tag umgibt. In der Schule, im Beruf, in der Familie und ja, auch im Sport, im Fußball. Demokratie – wie der Vereinsfußball auch – lebt vom Mitmachen und der aktiven Teilhabe. Sie ist kein Selbstläufer. Sie will verteidigt werden.
Welche Botschaft möchten Sie den teilnehmenden Jugendlichen mit auf den Weg geben – sowohl sportlich als auch gesellschaftlich?
Ihr seid wichtig – nicht nur als Spielerinnen und Spieler, sondern als Teil unserer Gesellschaft, der Fußballfamilie. Der Fußball zeigt, wie wichtig Teamgeist, Fairness und Respekt sind – auf dem Platz und im Leben. Gerade in Zeiten, in denen demokratische Werte unter Druck stehen, braucht es junge Menschen, die Haltung zeigen, zuhören und mitgestalten. Ich wünsche mir, dass alle hier das Gefühl mitnehmen: Ich kann etwas bewegen – im Verein, in der Schule, in meinem Umfeld.