

Als 2015 viele Geflüchtete nach Deutschland kamen, engagierten sich zahlreiche Fußballvereine aus allen Teilen der Republik. Mit den Initiativen „1:0“ und „2:0 für ein Willkommen“ unterstützte die DFB-Stiftung Egidius Braun gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration die engagierten Menschen vor Ort und förderte die Umsetzung verschiedener Projekte und Maßnahmen. Zehn Jahre später lohnt ein Blick zurück.
Die Bereitschaft zu helfen, zu teilen und abzugeben sorgte im Jahr 2015 für beeindruckende Bilder und Geschichten, die von Deutschland aus um die Welt gingen. Das Land, dem nicht selten attestiert wird, Herausforderungen zu bürokratisch anzugehen, packte zu. Spontan, pragmatisch und selbstlos. Binnen kurzer Zeit wurden Unterkünfte für Tausende Menschen geschaffen, die auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung und bitterer Armut in die Bundesrepublik kamen. Bekleidung und Spielzeug wurden gesammelt, Sprachkurse initiiert und die tägliche Versorgung in den Städten und Gemeinden landauf, landab sichergestellt.
Von Anfang an leistete die Fußballfamilie einen großen Beitrag. Ehrenamtlich engagierte Männer und Frauen in Vereinen und Verbänden widmeten ihre Freizeit Aktionen, die den Geflüchteten das Ankommen und die Integration erleichterten. Not wurde gelindert und überall dort, wo in Sporthallen und auf Plätzen der Ball rollte, war der Zauber des Fußballs zu spüren: Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede spielten dort keine Rolle mehr, es ging nur noch um den gemeinsamen Spaß an Bewegung und Sport. „Diese Eindrücke haben einmal mehr bewiesen, was Egidius Braun stets betonte: der Fußball ist eben mehr ist als ein 1:0“, macht Tobias Wrzesinski, Geschäftsführer der DFB-Stiftung Egidius Braun deutlich. „In ersten Förderanträgen haben wir schon Ende 2014 gesehen, dass sich die Fußballfamilie auf den Weg macht, neu in Deutschland angekommene Menschen willkommen zu heißen. Meinem Vorgänger Wolfgang Watzke und mir war schnell klar, dass wir hier schnell und unkompliziert beim Helfen helfen wollen“, so Wrzesinski.

Initiative ermöglichte unkomplizierte Starthilfe
Die Stiftung handelte ohne zu zögern. Im Wissen, dass der Fußball Halt geben und Orientierung schaffen kann, wurden die Engagierten vor Ort unterstützt. Im Rahmen der Initiative „1:0 für ein Willkommen“ wurden in Zusammenarbeit mit der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie mit zusätzlicher Unterstützung der A-Nationalmannschaft der Männer Fußballvereine mit einer pauschalierten Anerkennungsprämie in Höhe von 500 Euro unterstützt, um geflüchtete Menschen in offene Trainings, Vereinsstrukturen und soziale Angebote einzubinden. Mal konnten mit dem Geld Fußballschuhe oder Trainingsequipment angeschafft, mal der Sprit für Kleinbusse bezahlt werden, die Geflüchtete von ihrer Unterkunft zu den Sportplätzen fuhren.
Die Resonanz war überwältigend: Von März 2015 bis Dezember 2018 wurden insgesamt 3.461 Fußballvereine mit der Prämie gefördert. „Durch das große Engagement unserer damaligen Kollegin Angelika Keller ist es uns gelungen, die Förderanträge in der Regel innerhalb von 48 Stunden zu bearbeiten und damit schnell zu helfen. Übrigens wurden die allermeisten Zuwendungen durch Vertreter der jeweiligen DFB-Landesverbände vor Ort persönlich übergeben. Das unterstrich die hohe Wertschätzung für das, was in den Verein geleistet wurde“, erinnert sich Tobias Wrzesinski.
Anfang 2017 startete dann die Initiative „2:0 für ein Willkommen“. Neben der Bereitstellung der Anerkennungsprämie galt es nun, weitergehende gesellschaftliche Integrationsansätze zu fördern. Sprachförderprogramme, Trainerlehrgänge, Mentoring-Angebote, Jobbörsen, Vernetzungstreffen, Begegnungsfeste oder Schulfußball-AGs für Flüchtlingskinder wurden unterstützt. Gefördert wurden Aktivitäten aus den Fußballvereinen, aber auch aus den Regional- und Landesverbänden des DFB sowie den Fußballkreisen und Schiedsrichter-Vereinigungen. „Wir haben dann Förderungen in individueller Höhe bereitgestellt“, beschreibt Wrzesinski. „Insgesamt 312 Anträge wurden zwischen 2017 bis 2021 bewilligt, weit mehr als 500.000 Euro bereitgestellt.“

Große Anerkennung für großes Engagement
Verani Kartum, Vorsitzender des SC Aleviten Paderborn, hat noch intensive Erinnerungen an die Zusammenarbeit mit der Stiftung. Sein Verein gehörte zu jenen, die im Rahmen der Initiativen bei der Realisierung ihrer Vorhaben unterstützt wurden. „Wir waren sieben Tage die Woche mit drei durch Spenden finanzierten Bullis im gesamten Kreis Paderborn unterwegs und haben die Menschen aus Flüchtlingsunterkünften abgeholt und zu unseren Sportangeboten gebracht“, erklärt er. Ihn habe beeindruckt, dass auch die Frauen zum Sport kommen durften, obwohl dies bei vielen zuvor unüblich war. „Ihre Männer haben uns vertraut. Das war schon sehr bewegend und das hat sich bis heute nicht verändert.“ Und noch etwas hat bei ihm für bleibende Erinnerung gesorgt. „Wir haben ganz viele tolle Ehrenamtliche gehabt und in dieser Zeit sehr viel gelernt. Der Verein hat sich dadurch weiterentwickelt und bei Preisverleihungen sehr viel Anerkennung erhalten“, so Kartum.

Leadership-Programm für junge Geflüchtete
Der letzte Baustein der Willkommens-Initiativen war ein Leadership-Programm, das geflüchteten jungen Menschen dabei half, selbst Verantwortung im Verein zu übernehmen – als Betreuende, Trainer oder Organisator. Die Corona-Pandemie bremste das Format zwischenzeitlich aus, doch die Grundidee wurde später weitergeführt. „Unsere Hilfe lässt sich über die Jahre in drei Teile zusammenfassen: als erstes ging es um die Bereitstellung der Anerkennungsprämie, dann folgte die Förderung individueller Aktivitäten und am Ende wurden Menschen für eine ehrenamtliche Tätigkeit im Verein qualifiziert“, blickt Tobias Wrzesinski zurück. Am 31. Dezember 2021 endeten die Programme. Bilanz: 3.773 bewilligte Förderanträgen mit einem Gesamtvolumen von mehr als 2,3 Millionen Euro. Hinter diesen Zahlen stehen Schicksale. „Es ist und bleibt beeindruckend, was die engagierten Menschen in den Fußballvereinen an der oft zitierten Basis für Menschen, die in Deutschland Schutz und eine neue Heimat suchten, geleistet haben. Wir sind dankbar, dass wir zusammen mit der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration hier unterstützen konnten.“
Vereinsvorstand Uhlich: „Es gibt sehr viele Erfolgsgeschichten“
In den vergangenen Jahren folgten weitere Fluchtbewegungen – so kamen zuletzt viele schutzsuchende Menschen in Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine nach Deutschland. Bis heute werden durch die Stiftung Fußballvereine gefördert, die sich für ukrainische Kinder und Jugendliche engagieren.
„Wir haben in den letzten Jahren so viel erlebt und umgesetzt – auch dank der Hilfe der DFB-Stiftung Egidius Braun“, macht Ronald Uhlich deutlich. Der Verantwortliche des Mainzer Vereins FC Ente Bagdad, der Geflüchteten schon vor zehn Jahren ein offenes Mitkicken ohne Bürokratie ermöglichte, sagt: „Es gibt sehr viele Erfolgsgeschichten. Fast alle der damaligen Neuankömmlinge haben mittlerweile einen Beruf oder stehen kurz vor Ende der Ausbildung. Einige der ehemals Geflüchteten helfen heute selbst als Trainer, Betreuer, Schiedsrichter oder Ehrenamtliche.“ Sie begrüßen nun also andere, schaffen Angebote und tragen so tagtäglich selbst zur Integration bei. Aus dem 1:0 und 2:0 ist damit längst ein Kantersieg und ein starkes Zeichen der Fußballfamilie für ein solidarisches Willkommen geworden.