


Trauer und Fußball – wie passen die beiden Aspekte zusammen? Das war das große Thema des Trauerwochenendes auf dem DFB-Campus, das die DFB-Stiftung Egidius Braun und die Trauerbegleitung grievy aus Köln erstmals gemeinsam ausgerichtet haben. Bei der Premiere dabei war auch Trauerbegleiterin Yasmina Elsner. Die 36-Jährige schaut auf drei bewegende Tage zurück.
Als der Ball rollt, lachen sie. Freuen sich. Jubeln, wenn der Ball ins Tor geht. Wollen immer weiter spielen. Der Fußball lenkt die Kinder und Jugendlichen ab, die auf Einladung der DFB-Stiftung Egidius Braun auf den DFB-Campus nach Frankfurt gekommen sind. Denn das Thema des Wochenendes ist eines, das ihr Leben erschüttert hat: Sie haben einen wichtigen Menschen verloren. Manche ein Elternteil, mache ein Geschwisterkind. Manche kürzlich, manche vor längerer Zeit. Sie alle vereint, dass sie trauern. In diesem Fall gemeinsam und unter professioneller Begleitung.
Trauer ist wie ein Rucksack – mal schwerer, mal leichter
Auch Yasmina Elsner ist für das Trauerwochenende auf den DFB-Campus gekommen. Die 36-Jährige ist ausgebildete Trauerbegleiterin und führt die Teilnehmenden durch das Programm. Im Moment steht sie auf dem Kunstrasen der Fußballhalle und führt mit einer Gruppe Jugendlicher eine Fußballeinheit durch. „Trauer endet nie. Sie verläuft in Wellen. Mal ist die Trauer stärker, mal schwächer. Es ist wie ein Rucksack, den man immer mit sich herumträgt“, sagt Elsner. „Mal ist der Rucksack schwerer, mal ist er leichter. Wir wollen hier Wege zeigen, wie man besser mit der Trauer umgehen kann. Und um den Rucksack – um beim Bild zu bleiben –, möglichst leicht zu halten.“
Elsner hat langjährige Erfahrungen in der Trauerbegleitung – und sie weiß aus eigener Erfahrung, wie hart Trauer sein kann. Denn sie hat früh ihre Eltern verloren. Ihre Mutter starb, als Elsner 22 Jahre alt war, ihr Vater sieben Jahre später. „Es gibt keinen Weg, wie man richtig trauert – und umgekehrt ist jeder eigene Weg der Trauer richtig. Jede und jeder muss den eigenen Weg suchen und herausfinden, was hilft. Trauer braucht ein Ventil. Das können Tränen oder Gespräche mit Freunden und Angehörigen sein. Hier und heute ist es der Sport und die Bewegung, ganz konkret der Fußball“, erklärt Elsner.
Wie Gespräche und Fußball helfen können
Dass der Fußball ein Mittel ist, um Wege aus der Trauer zu finden, ist an diesem Vormittag auf dem DFB-Campus offensichtlich. Während die Erwachsenen in einem Workshop mit Experten der Kölner Trauerbegleitung grievy über das Geschehene sprechen, spielen die Kinder und Jugendlichen in altersgerechten Gruppen Fußball. Pass, Schuss, Tor, abdrehen und jubeln. Wie die Großen, wie ihre Vorbilder. Dribblings um bunte Hütchen. Pass, Ballannahme und freilaufen. Der Fußball verbindet, der Fußball lenkt ab, der Fußball hilft beim Vergessen. Zumindest für einen bestimmten Zeitraum.
„Bei Erwachsenen kommt die Trauer fast immer in Wellen“, sagt Elsner in einer Trinkpause während der Trainingseinheit: „Eine Welle bäumt sich auf und bricht irgendwann. So ist es auch bei Trauer. Sie wird stärker und stärker und löst sich dann wieder. Bis die nächste Welle kommt. Bei Kindern vergleiche ich die Trauerphasen eher mit Pfützen. Kinder hüpfen in eine Pfütze und sind total traurig und weinen. Aber im nächsten Augenblick kann schon eine Ablenkung kommen, die sie aus der Pfütze rausholt und die Trauer vorübergehend verdrängt.“
Spaß haben auch in der Trauerzeit
Für Elsner ist es während der Trauerarbeit immer ein ganz wichtiger Aspekt, dass die Trauernden sich auch in den schweren Zeiten nicht dafür schämen, sich abzulenken, Spaß und auch Freude am eigenen Leben zu haben: „Gerade Eltern sind oft in der herausfordernden Situation, dass sie selbst um eigenen geliebten Menschen trauern und gleichzeitig die eigenen Kinder in dieser Zeit bestmöglich unterstützen und ihnen Halt geben. Das ist sehr kompliziert und kann natürlich auch schnell zu viel werden.“
Genau vor diesem Hintergrund sei es entscheidend, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen – zum Beispiel auch im Rahmen dieses Trauerwochenendes, das die DFB-Stiftung Egidius Braun erstmals mit der Trauerbegleitung grievy ausgerichtet hat. „Bei den Familien, die hier waren, dreht sich vieles nur um die Trauer und den Menschen, den sie verloren haben“, sagt Elsner. „Das ist normal und auch nicht schlimm. Aber genauso wichtig ist es auch, dass die Teilnehmenden mal auf andere Gedanken kommen und neue Kraft tanken. Das geht oft am besten in Gesprächen mit Menschen, die von einem ähnlichen Schicksalsschlag betroffen sind.“
Nach drei emotionalen Tagen ziehen alle Beteiligten ein positives Fazit. Die Mischung der Schwerpunkte war perfekt. Sport, Gespräche, Workshops, ein Konzert des SAP-Kinderorchesters, Trauerrituale und – ganz wichtig – Spaß. Das Leben der Teilnehmende ist durch den Verlust einer engen Person sowieso schon belastet. Aber wenn der Ball rollt, wenn sie lachen und jubeln können, dann ist die Trauer zumindest für diesen Zeitraum nicht mehr das bestimmende Gefühl.