Hermann Korfmacher gilt als Initiator der Deutschen Meisterschaft der Werkstätten für behinderte Menschen. In diesem Jahr feiert das Turnier sein 25-jähriges Jubiläum – vom 15. bis zum 18. September auf dem Gelände der Sportschule Wedau in Duisburg. Die Veranstaltung ist das größte Fußball-Turnier für Menschen mit geistigen und psychischen Beeinträchtigungen im Bundesgebiet und wird von der DFB-Stiftung Sepp Herberger, der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) und dem Deutschen Behindertensportverband ausgerichtet. Im Interview spricht Hermann Korfmacher über die Idee für die Veranstaltung, deren Entwicklung und die Bedeutung des Fußballs für Menschen mit Behinderung.
Hermann Korfmacher, die Deutsche Meisterschaft der Werkstätten für behinderte Menschen feiert in diesem Jahr ihren 25. Geburtstag. Was bedeutet Ihnen das?
Hermann Korfmacher: Es freut mich riesig. Veranstaltung ist seit dem ersten Tag für mich ein absolutes Herzensprojekt. Ich bin glücklich über die Entwicklung und stolz darauf, dass das Turnier in diesem Jahr bereits seinen 25. Geburtstag feiern kann. Das zeigt mir, dass wir einen Zeitgeist getroffen haben. Und eines ist mir in diesem Zusammenhang natürlich ganz wichtig: Ich habe das nicht allein geschafft, sondern nur, weil ich vom ersten Tag an starke Partner an meiner Seite hatte. Beispielsweise Wolfgang Möbius, der die Veranstaltung bis zum Jahr 2007 hauptamtlich organisiert und begleitet hat.
Seit einigen Jahren auch die DFB-Stiftung Sepp Herberger.
Korfmacher: Das ist wirklich ein großes Glück für die Menschen mit Handicap, dass sich die Sepp-Herberger-Stiftung auch hier in so besonderem Maße engagiert. Ich bin allerdings absolut davon überzeugt, dass das genau nach den Vorstellungen von Sepp Herberger wäre.
Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie vor 25 Jahren die Initiative ergriffen haben?
Korfmacher: Ich war zu jener Zeit Geschäftsführer der Werkstatt für behinderte Menschen in Gütersloh. Wir haben bei uns in der Einrichtung immer schon Fußball angeboten und auch Turniere mit benachbarten und befreundeten Werkstätten ausgerichtet. Für viele Bewohner war der Höhepunkt das Spiel gegen die Betreuer, das wir einmal im Jahr organisiert haben. Aber es war auch grundsätzlich beeindruckend zu sehen, mit welcher Freude und Leidenschaft die Menschen trotz ihrer jeweiligen Einschränkungen Fußball gespielt haben. Irgendwann ist dann die Idee entstanden, das ganze Thema breiter aufzustellen und eine Deutsche Meisterschaft ins Leben zu rufen.
Und das haben Sie dann getan?
Korfmacher: Es klingt einfacher, als es letztlich war. Ich habe zunächst bei der Bundesarbeitsgemeinschaft für Werkstätten nach den Möglichkeiten einer Kooperation angefragt. Das hat auch sehr gut funktioniert. Wir sind dann zu Dr. Theo Zwanziger gefahren, der im DFB-Vorstand für die sozialen Themen verantwortlich war, und haben ihm das Projekt präsentiert.
Offenbar mit Erfolg.
Korfmacher: Ja, er hat uns unterstützt, uns aber gleichzeitig den Auftrag mitgegeben, das auch mit den zuständigen Behindertenverbänden zu klären, damit alle mit einer Stimme sprechen. Es waren also noch einige Gespräche nötig, bis wir endgültig starten konnten. Aber wir haben das gerne gemacht, weil es für uns eine sehr wichtige Angelegenheit war.
Was war die größte Herausforderung?
Korfmacher: Es gab vor allem einen Partner, der für meinen Geschmack über das Ziel hinausschießen wollte. Diese Organisation – der Name sollte jetzt keine Rolle spielen – wollte ein Ligensystem einführen. Mit Aufstiegen und Abstiegen. Das war aber gar nicht mit meinen Vorstellungen vereinbar. Mir war es wichtig, dass die Menschen mit Behinderung einfach nur mit Spaß und Freude ihrem Hobby nachgehen können, ohne den Druck zu haben, aufsteigen oder den Klassenverbleib schaffen zu müssen.
Fußball also als soziales Element?
Korfmacher: Ja, natürlich. Der Fußball bietet auch abseits von Siegen und Niederlagen, von Aufstiegen und Abstiegen so unglaublich viele Möglichkeiten, die meiner Meinung nach in diesem Bereich viel wertvoller sind. Teamgeist und Kameradschaft stehen über allem. Man lernt elementare Dinge: Fairness, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit. Und ganz wichtig: Man gewinnt zusammen und man verliert zusammen. Das sind unbezahlbare Erfahrungen.
Welches System haben Sie dann etabliert, um diese Gedanken und den sportlichen Aspekt unter einen Hut zu bringen?
Korfmacher: Wir haben beschlossen, zunächst einen Vorentscheid in den einzelnen Bundesländern auszutragen. Die Gewinner der Vorentscheide qualifizieren sich dann für die Deutsche Meisterschaft. So nimmt pro Bundesland jeweils ein Team an der Meisterschaft Teil.
Und nun treffen sich auch in diesem Jahr vom 15. bis zum 18. September die jeweiligen Landessieger zum großen Finale in der Sportschule Wedau in Duisburg.
Korfmacher: Wir haben 16 Männerteams am Start. Und fünf Frauenmannschaften sind auch dabei. Ich hätte nichts dagegen, wenn das bei den Frauenteams noch ein paar mehr werden würden. Aber es ist in Ordnung für den Moment. Für alle Beteiligten – vor allem für die Spielerinnen und Spieler – sind dies mit die schönsten Tage des Jahres. Übrigens wurde das Turnier bis 2008 als „Bundeswettbewerb Fußball“ ausgespielt. 2008 gab es erstmals eine „echte“ Deutsche Meisterschaft. Heute gibt es neben dem Männer-Turnier auch ein Frauen-Turnier. Die jeweiligen Sieger bekommen die „echte“ DFB-Meisterplakette. Das alles bestätigt die positive Entwicklung und zeigt, dass Menschen mit Handicap mit immer größer werdender Selbstverständlichkeit als Fußballerinnen und Fußballer wahr- und ernstgenommen werden. Das freut mich.
Werden Sie als Initiator dieser Deutschen Meisterschaft auch vor Ort sein?
Korfmacher: Früher war ich selbstverständlich immer da. Seitdem ich kein offizielles Amt mehr habe, lasse ich auch gerne anderen den Vortritt. Aber ich werde auch in meiner Eigenschaft als Kuratoriumsmitglied der Sepp-Herberger-Stiftung jedes Jahr eingeladen und bin - wenn es eben geht - gerne vor Ort und freue mich darüber, dort viele strahlende Gesichter zu sehen.