Hendrik Schulze-Oechtering ist Vorstandsvorsitzender des Vereins „Fußball stiftet Zukunft e.V.“. Das Netzwerk vereint über dreißig Fußballstiftungen in Deutschland. Darunter auch die DFB-Stiftungen. Im Interview erklärt Schulze-Oechtering, was das Netzwerk ausmacht, welche Organisationen dabei sind, wie Breitenfußballklubs davon profitieren können und warum weitere Stiftungen aus dem Fußball in dem Kreis willkommen sind.
Herr Schulze-Oechtering, wann und warum wurde „Fußball stiftet Zukunft.“ ins Leben gerufen?
Hendrik Schulze-Oechtering: 2013 haben DFB und DFL alle damals bekannten Stiftungen und stiftungsähnlichen Organisationen aus dem Fußballumfeld nach Jena eingeladen. Das war das erste Treffen dieser Art und stand unter dem Motto „Fußball stiftet Zukunft“. Der Gedanke dahinter war, das gesamte stifterische Engagement, das in der Fußballwelt in Deutschland vorhanden ist, an einem Ort zusammen und die Akteure miteinander in den Austausch zu bringen. Im Nachgang blieben mehrere Stiftungen in Verbindung und daraus ist dann die Idee für „Fußball stiftet Zukunft“ als organisiertes Netzwerk entstanden. Die Gründung des Vereins war deutlich später, das erfolgte im November 2022.
Welcher konkrete Gedanke steckt hinter dem Bündnis „Fußball stiftet Zukunft.“?
Hier sind in erster Linie zwei Punkte zu nennen. Den ersten habe ich schon etwas eingeordnet. Es gibt viele Stiftungen in Deutschland, die einen engen Bezug zum Fußball haben und durch Verbände, Klubs oder Einzelsportler eingerichtet wurden. Sie eint zwar die Herkunft, aber alle haben immer nur ihr eigenes Ding gemacht. Wir sehen hier große Möglichkeiten in der Kooperation. Und der zweite wichtige Aspekt ist meiner Meinung nach, dass wir im Zusammenschluss dieser Stiftungen eine viel stärkere Stimme haben und gemeinsam noch mehr erreichen können. Einige Stiftungen unseres Vereins sind größer und haben ein robustes Netzwerk, andere sind eher kleiner und haben weniger Kontaktpunkte. Bei Fußball stiftet Zukunft begegnen wir uns auf Augenhöhe, inhaltlich wie menschlich. Ich sehe eigentlich nur Vorteile. Und für Fußballerinnen und Fußballer ist der „Doppelpass“ ja ohnehin wichtig (lacht).
Welche Stiftungen sind dabei und aus Ihrer Sicht besonders stark?
Ich möchte keine Gewichtung vornehmen. Jede einzelne Stiftung hat Stärken und bewirkt mit ihren jeweiligen Mitteln und Möglichkeiten etwas Positives. Die einen mit inhaltlichem Fokus wie beispielsweise die Robert Enke-Stiftung mit dem Thema „Depression“, die anderen mit einer lokalen Ausrichtung wie zum Beispiel die Eintracht Braunschweig Stiftung, die sich im direkten Umfeld des Vereins engagiert. Ein paar Stiftungen sind deutlich größer, thematisch breiter und deutschland- beziehungsweise weltweit ausgerichtet – zum Beispiel die beiden DFB-Stiftungen Sepp Herberger und Egidius Braun oder die DFL Stiftung. Diese Vielfalt macht es ja gerade aus. Die kleineren Stiftungen profitieren von den größeren und umgekehrt ist es genauso der Fall. Das macht uns zusammen stärker.
Sie sind Vorsitzender der Stiftung „Fußball stiftet Zukunft.“. Wer zählt außerdem zum Vorstand?
Neben mir sind drei weitere Personen im Vorstand aktiv. Tobias Wrzesinski, der die beiden DFB-Stiftungen Sepp Herberger und Egidius Braun verantwortet, und Henrik Oesau, Vorstand der SV Werder Bremen Stiftung, sind stellvertretende Vorsitzende. Und auch Haider Hassan ist dabei, der wie ich für die Manuel Neuer Foundation tätig ist und den FsZ-Vorstand geschäftsführend begleitet.
Wie ist der Austausch bei Ihnen untereinander?
Im Vorstand treffen wir uns quartalsweise in Präsenz. Ich habe den Vorsitz im November des vergangenen Jahres übernommen, da war der Austausch zu Beginn natürlich etwas intensiver. Meine Vorgängerin war Lisa Niederdrenk von der Lukas-Podolski-Stiftung. Sie hat mit ihrem Vorstandsteam wichtige Aufbauarbeit geleistet. Da wir im Vorstand eine klare Aufgabenteilung haben, besprechen wir einzelne Themen auch bilateral und digital. In großer Stiftungsrunde kommen wir zweimal im Jahr zu Netzwerktreffen zusammen und bieten regelmäßige digitale Austauschformate an, auch mit Stifterpersönlichkeiten aus unserem Kreis und Impulsen von externen Experten zu relevanten Stiftungsthemen. Wir testen aus, was gut funktioniert, wollen flexibel bleiben und verstehen uns als lernendes Netzwerk. Das ist auch nötig, weil alle Stiftungen verschiedene Ansätze haben.
Zum Beispiel?
Die einen sind fördernd aktiv, die anderen operativ. Auch der Wirkungsradius ist sehr vielfältig: Die Gerald-Asamoah-Stiftung beispielsweise finanziert Herzoperationen in Deutschland für Kinder aus Ghana. Agapedia, die gemeinnützige Organisation von Jürgen Klinsmann, betreibt zwei Kinder- und Jugendeinrichtungen in der Nähe von Stuttgart und ist auch in Osteuropa aktiv. Die Franz-Beckenbauer-Stiftung hingegen hilft Menschen in Notsituationen, was im Rahmen der Mildtätigkeit besondere Voraussetzungen bedeutet. Und die DFB Stiftung Egidius Braun legt einen klaren Schwerpunkt auf die Förderung junger Menschen in Deutschland, Mexiko und der Ukraine, um nur ein paar Aspekte zu nennen. Die Stiftungslandschaft in Deutschland ist äußerst vielfältig und je nach Stifter auch sehr persönlich ausgerichtet.
Lassen Sie uns mal konkret auf Ihre Stiftung eingehen: Was machen Sie bei der Manuel Neuer Kids Foundation?
Wir betreuen zwei Kinder- und Jugendhäuser. Eines in Gelsenkirchen und eines in Bottrop. Dort bieten wir jungen Menschen einen Ort, an dem sie gezielt Unterstützung erhalten und ihre Fähigkeiten individuell entfalten und weiterentwickeln können. Außerhalb der regulären Schulzeit werden die Besucherinnen und Besucher durch Bildungsangebote, regelmäßige Mahlzeiten und erlebnispädagogische Aktivitäten in ihrer Entwicklung gefördert und auf ihrem Weg zu einer aktiven, kritischen und kreativen Teilnahme am familiären, schulischen und gesellschaftlichen Leben begleitet.
Welche Rolle nimmt in diesem Zusammenhang auch der Breitenfußball ein?
Eine sehr wichtige. Der Breitenfußball ist für Kinder und Jugendliche eine perfekte Schule fürs Leben. Sie lernen dort, sich in die Gemeinschaft zu integrieren und sich an Regeln zu halten. Sie gewinnen zusammen und – ganz wichtig – sie müssen auch damit klarkommen, zu verlieren. Aber auch Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sind zwei ganz wichtige Aspekte. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch noch die Tatsache, dass sich die Kinder und Jugendlichen bewegen, dass sie gemeinsam Sport treiben. Das kommt heutzutage leider oft viel zu kurz.
Und das Ehrenamt?
Was dort geleistet wird, ist mit Geld gar nicht zu bezahlen. Die Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler in den Vereinen tragen entscheidend dazu bei, dass unsere Gesellschaft funktioniert. Auch in den Fußballstiftungen sind viele Menschen ehrenamtlich und mit Herzblut engagiert.
Wie kann der Fußball an der Basis von der Initiative „Fußball stiftet Zukunft.“ profitieren?
Zunächst: Viele unserer Kolleginnen und Kollegen fragen sich fortlaufend, was können wir zur Stärkung der engagierten Menschen an der oft zitierten Basis tun? Die Stiftung der Nationalmannschaft hat beispielsweise jüngst ihr Berlin-Forum für junge Engagierte durchgeführt. Gespräch mit Joachim Gauck inklusive. Mit Fußball stiftet Zukunft zeichnen wir darüber hinaus seit 2022 jährlich fünf Breitenfußballvereine, die sich vorbildlich gesellschaftlich engagieren, mit dem „Zukunftspreis“ aus. Mit einem Preisgeld in Gesamthöhe von 25.000 Euro und öffentlicher Wertschätzung. Wir möchten damit deutlich machen, dass gesellschaftliche Impulse von allen Akteuren im Fußball ausgehen. Zudem ist unser Stiftungs-Netzwerk so vielfältig und in fast allen Regionen Deutschlands aktiv, dass sich immer auch Kooperationsmöglichkeiten bieten. Bei der Manuel Neuer Kids Foundation arbeiten wir beispielsweise mit einigen Breitenfußballvereinen eng zusammen, konkret sind dies die SSV Buer, der 1. FC Bottrop, der SV Dorsten-Hardt und Rot-Weiß Dorsten. Außerdem haben wir mit den Ibbenbürener Kickers, Zukunftspreis-Träger von 2023, ein Inklusionsprojekt gestartet.
Zahlreiche Fußballpersönlichkeiten haben eigene Stiftungen gegründet. Wie wichtig ist dieses Engagement?
Das ist großartig. Aber nur weil die Stiftungen von erfolgreichen Sportlern ins Leben gerufen wurden, ist nicht automatisch Geld da, um alle sinnvollen Projekte und Maßnahmen finanzieren zu können. Der Bedarf ist groß.
Können Stiftungen, die noch nicht zu Ihrem Netzwerk zählen, darin aufgenommen werden?
Natürlich und sehr gerne sogar. Wir heißen alle Fußballstiftungen herzlich willkommen. Formale Voraussetzung dafür ist eine gemeinnützige Organisation, die aus dem deutschen Spitzenfußball kommt. Das können zum Beispiel Stiftungen von Spielern, Vereinen, Verbänden, Schiedsrichtern oder auch Trainern sein. Wir sehen uns als die starke Stimme der Fußballstiftungen in Deutschland und beraten auch bei Gründungsvorhaben. Je mehr wir sind, desto deutlicher sind wir zu hören.