2.11.2022

Ernst Deselaers: Ein Weltenbummler vom Niederrhein

Ernst Deselaers hat fast vier Jahrzehnte ein Restaurant in seiner Heimat am Niederrhein geführt. Wann immer es möglich war, ist er auf Reisen gegangen, um die großen Fußball-Arenen zu besuchen. Daran hat sich seit dem Eintritt in den Ruhestand nichts geändert. Oftmals ist Deselaers dabei im Kreise der „Freunde der Nationalmannschaft“ (FdN) unterwegs, dem Förderverein der DFB-Stiftung Sepp Herberger, dem er seit 2000 angehört. Auch die von der Stiftung durchgeführten Veranstaltungen besucht er regelmäßig.

Ernst Deselaers geht seit vielen Jahren auf Reisen, um die Spieler der Nationalmannschaft zu verfolgen.

Für sein erstes Stadionerlebnis bei einer Partie der deutschen Nationalmannschaft suchte sich Ernst Deselaers ein besonderes Match gegen einen besonderen Gegner aus: England gegen Deutschland lautete die Paarung im Viertelfinale der Europameisterschaft 1972. Ehe er im altehrwürdigen Londoner Wembley-Stadion Platz nehmen und die Stars der Teams in Augenschein nehmen konnte, hatte der damals 16-Jährige einiges in Kauf genommen. Etliche Stunden verbrachte er auf dem Sozius des Mopeds seines sieben Jahre älteren Bruders, der das Zweirad zum Fährhafen an der Küste des Ärmelkanals und schließlich auch durch den ungewohnten britischen Linksverkehr steuerte, um schließlich in London anzukommen. „Das war eine spontane Aktion. Wir haben uns eine Unterkunft etwas außerhalb gesucht und das Spiel angesehen. Das war ein besonderes Erlebnis“, erinnert sich Deselaers an die Tour.

50 Jahre sind seitdem vergangen, aber die Begeisterung für den Fußball, die Atmosphäre in Stadien und die Stimmung rund um die großen Spiele haben ihn nie losgelassen. „Ich weiß gar nicht, bei wie vielen Spielen ich insgesamt war“, sagt er. Bundesliga, Champions League, Uefa-Cup und DFB-Pokal – der heute 66-Jährige hat Partien in allen namhaften Wettbewerben hautnah erlebt. Bei sage und schreibe acht WM-Endspielen fieberte er im Stadion mit. Und bei der Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 fuhr er mit der Bahn mehr als 20.000 Kilometer, um 23 Spiele im Stadion zu sehen und etliche weitere mit anderen Fans beim Public Viewing zu verfolgen. „Das hat wirklich viel Spaß gemacht“, sagt er im Rückblick auf jene Tage, in denen er sein ganz persönliches Sommermärchen schrieb.

Seit 22 Jahren FdN-Mitglied

Nicht nur 2006 gehörten die Begegnungen der DFB-Auswahl für ihn zu den Highlights des Jahres. Diese Spiele verfolgt Deselaers, der in Neukirchen-Vluyn am Niederrhein zu Hause ist, seit dem Jahr 2000 meist im Kreise der Freunde der Nationalmannschaft (FdN). Also mit jenen rund 180 Frauen und Männern, die die Leidenschaft für den Fußball eint, die sich aber auch dem sozialen Engagement verschrieben haben. Denn mit den Zuwendungen der FdN wird seit mehr als vier Jahrzehnten das gemeinnützige Wirken der DFB-Stiftung Sepp Herberger unterstützt. Auf diesem Weg sind bereits weit über fünf Millionen Euro zusammengekommen. „Dieses Wirken ist mir sehr wichtig“, betont Deselaers, der sich immer wieder auch die von der Sepp-Herberger-Stiftung initiierten oder unterstützten Veranstaltungen anschaut.

Erst Anfang September reiste er nach Duisburg-Wedau, um dort die Deutsche Fußball-Meisterschaft der Werkstätten für behinderte Menschen zu verfolgen. „Leider konnte ich die Inklusionstage in Köln einige Tage später nicht anschauen, weil ich verhindert war“, sagt er. Aber auch dafür werde er noch eine Gelegenheit finden, ist er überzeugt.

Deselaers eingedeckt in Fanartikel der Nationalmannschaft
Seit 2000 gehört der 66-Jährige zum Kreis der „Freunde der Nationalmannschaft“ (FdN). (Copyright beide Fotos: Deselaers)

Viele Kontinente bereist

Wer seine Vita kennt, dürfte daran keinerlei Zweifel haben. Schon als Jugendlicher trat Deselaers ohne zu jammern 45 Minuten in die Pedale, um den MSV Duisburg zu sehen. Als Erwachsener wurden die Strecken dann deutlich weiter. Der gelernte Küchenmeister und Betriebswirt war mit der Nationalmannschaft in Italien, den USA, Korea, Japan und Brasilien. Und die weißen Flecken auf der Landkarte, die großen Arenen, die der 66-Jährige, der auch Mitglied im Förderverein der Fritz Walter- Stiftung ist, noch nicht besucht hat, werden weiterhin weniger. „Ich werde in Katar die Vorrunde der Weltmeisterschaft verfolgen“, kündigt er an. Und Australien, den fünften Kontinent, will er anlässlich der Frauen-WM im kommenden Jahr bereisen.

„Mir geht es nicht nur um den Fußball, sondern auch immer wieder darum, die Länder und Städte zu sehen und mir einen Eindruck vom Leben dort zu verschaffen“, erklärt Deselaers. Diese Neugierde und die Begeisterung für die Touren, die er mal an der Seite seiner Lebensgefährtin, mal mit Freunden bestreitet, ist vielleicht auch in seinem Lebensweg begründet. Als junger Mann, noch bevor er für 38 Jahre das elterliche Restaurant weiterführte, sei er als Koch durch die Lande getingelt, erzählt er. Immer wieder verschaffte er sich neue Eindrücke, aber der Job forderte auch Verzicht. Die Zeit als Fußballer bei seinem Heimatverein, der SuS Rayen, endete früh, weil er am Wochenende in der Gastronomie arbeiten musste, wenn die meisten Freunde und Bekannten ihren Hobbys nachgehen konnten.

Bereut hat er das nie. Und so sei es ihm durchaus schwergefallen, Ende 2019 das eigene Restaurant, die Landschänke zur Grenze, für immer abzusperren und sich in die Rente zu verabschieden. „Aber irgendwann ist eben Schluss“, meint er. Die Erinnerungen an die vielen schönen Momente in Gaststube und Küche werden ihm bleiben. Sie gehören zu seinem Leben genau wie die erste Tour ins Londoner Wembley-Stadion, der noch fünf weitere folgten. Dass er auch die britische Hauptstadt noch einmal besuchen wird, schließt Deselaers nicht aus. „London ist ja eine schöne Stadt“, findet er. Nur eine Anreise mit dem Moped wird es wohl nicht mehr geben.

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